Kunst und Kultur des Friaul

die klassische Studienreise

Der Friaul ist eine Region der kulturellen und landschaftlichen Übergänge und Schnittstellen: Zwischen Alpen und Adria, fruchtbarer Ebene und kargem Karst gelegen, von deutsch-, slowenisch- und romanischsprachiger Bevölkerung besiedelt oder beherrscht, erlebte das kleine Land eine wechselvolle Geschichte, die sich in den historischen und künstlerischen Denkmälern wiederspiegelt. Die reiche Kultur des Friaul erlebbar zu machen ist das Hauptanliegen der Reise: Neben der Kunst sollen auch die Literatur und die Sprachen der Region vorgestellt werden, dabei besonders die Eigenheit der friulanischen Sprache, die zu den rätoromanischen Sprachen gerechnet wird. Die besondere Kultur des Landes drückt sich natürlich auch in der Küche aus, weshalb neben dem Leben in einer typischen ländlichen Residenz die besonderen Gerichte beim Abendessen dazu beitragen, diese Woche rundum zu einem Kulturerlebnis zu machen.

Die regionalen Eigenheiten von Kultur und Kunst werden bei den künstlerisch weniger bedeutenden ländlichen Kirchen, Burgen und Villen besonders deutlich, weshalb ihnen die eine Hälfte der Reise gewidmet ist. Erstaunliche Höchstleistungen stellen dabei vor allem die Fresken der zum Teil winzigen Kirchen dar, die seit dem 14. Jahrhundert in großer Zahl entstanden und um 1500 eine einzigartige Qualität erreichen.

Höhepunkt, aber interessanterweise auch Schlusspunkt dieser Entwicklung war Pordenone, einer der gefeiertsten Maler des an großen Persönlichkeiten doch so reichen 16. Jahrhunderts.

Der zweite Teil der Woche gilt den bedeutenden Kunstdenkmälern in Aquileia, Cividale und Udine, die trotz Weltkulturerbe-Status und einmaliger Schönheit kaum so bekannt geworden sind, wie sie es verdienen. So ist diese Woche eine Entdeckungsreise in einem nahegelegenen und doch kaum besuchten Land in der Mitte Europas.

 

Der erste Tag gilt der Landeskultur am Beispiel der Dorfkirchen: Nur wenige Kilometer neben dem Hotel steht eine winzige Dorfkirche mit volkstümlicher Ausmalung von 1530. Der unbekannte Maler war sicher kein großer Künstler, doch hat die Kirche gerade dadurch einen ganz besonders netten Charakter. Das Programm deutet die Funktionen der Kirche an und gibt Einblicke in den Alltag der Dorfbewohner im 16. Jahrhundert. In der Kirche in Mortegliano steht der größte Schnitzaltar des Friaul von 1525: In einem schönen Schrein im Stil der venezianischen Frührenaissance stehen eher spätgotische Figuren, eine bezeichnende Mischung für die Zeit und die kulturelle Situation des Friaul. In San Daniele folgt die um 1500 ausgemalte Kapelle des San Antonio Abbate mit dem vielleicht besten Freskenzyklus des Landes aus dieser Zeit. Das städtische Umfeld und die gebildete Auftraggeberschaft sorgten hier unter ganz anderen Bedingungen für eine andere Qualität als in der Dorfkirche von Griis. Es folgt ein Mittagessen mit dem berühmten Schinken von San Daniele. Am Nachmittag wird der Einblick in die friulanische Malerei um 1500 in Provesano abgeschlossen: Hier ließ sich der Maler GianFrancesco da Tolmezzo sowohl von der Florentiner Frührenaissance wie den Kupferstichen Schongauers inspirieren, und das schon vor 1500. Diese Ausmalung verdeutlicht nochmals die besondere Lage des Friaul am Schnittpunkt der großen Kulturkreise. (Foto Gris)

Der zweite Tag gilt der profanen Bautradition des Landes: Am Beispiel der Schlösser von Strassoldo wird das Phänomen Burg und Schloss betrachtet und das herrschaftliche Leben auf dem Land besichtigt, das hier nach 800 Jahren familiärer Nutzung überall ablesbar ist. Es folgt als berühmtes Beispiel moderner Festungsbaukunst die Stadt Palmanova: Ihre Wälle und Verteidigungsanlagen sind vollständig erhalten, die Stadt ist auch ein ganz frühes Beispiel einer ausgeführten Planstadt, und beides führte dazu, dass sie in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes eingetragen wurde. Am Nachmittag folgt dann mit der Villa Manin ein besonders aufwendiges Beispiel für das Phänomen Villa, das im Friaul lange neben den Schlössern bestand. Der kulturelle Unterschied, die Funktionen und politischen Hintergründe sind der Hauptaspekt des Nachmittages. (Foto Strassoldo)

Der dritte Tag zu den lokalen Kulturen gehört dem habsburgischen Osten: Triest war um 1900 eine der wichtigsten Hafenstädte des Mittelmeers, die Bevölkerung war bunt gemischt und die zahlreichen Gotteshäuser verschiedener Religionen überliefern noch diese Vielfalt, die einen James Joyce veranlasste, sich hier um eine Stelle als Italienischlehrer zu bewerben. Mit dem Ende der Habsburger Monarchie kam Triest an Italien, die kulturelle Vielfalt und die Bedeutung des Hafens endeten, und so erlebt man heute eine zu klein gewordene Stadt in einem für sie zu großen Gewand, das aber nach aufwendiger, mit europäischen Mitteln stark geförderten Renovierung im schönsten Glanz einstiger Pracht erstrahlt. Am Nachmittag folgt ein Besuch in Duino, dem wunderbar gelegenen Schloss am Meer, wo Marie von Thurn und Taxis einen großen Salon mitteleuropäischer Kunst und Kultur führte, in dem so viele berühmte Namen zu Gast waren und Rilke seine Duineser Elegien begann. (Foto Duino)

Mit dem vierten Tag beginnt die Beschäftigung mit den Höhepunkten der Weltkunstgeschichte; die Objekte sind zweifellos bedeutender, doch erzählen sie nicht mehr viel über das Land und seine Bewohner. Im 7. Jahrhundert wurde Cividale Sitz eines langobardischen Herzogs, und aus der Spätzeit dieser Residenz stammen mit die bedeutendsten Monumente aus dieser so schlecht dokumentierten Phase des Übergangs von der Spätantike zum Mittelalter. Der sogenannte Tempietto Longobardo war wohl die Hofkapelle und wurde mit erstklassigem Stuck von wohl orientalischen Meistern ausgestattet. Mit dem Taufbecken am Dom und zahlreichen Chorschranken wird der künstlerische Reichtum der Zeit noch deutlicher, und ein Besuch im archäologischen Nationalmuseum verdeutlicht die hohe Qualität, die auch die Goldschmiedearbeiten der Zeit haben konnten. Am Nachmittag können die vielen Eindrücke bei einem Spaziergang in den Weinbergen verarbeitet werden. (Foto Tempietto)

Der 5. Tag widmet sich im Wesentlichen dem Dom von Aquileia: hier ist eine der frühesten Kirchen des Christentums mit riesigen Mosaikböden erhalten geblieben, über denen dann im Laufe der Jahrhunderte neue Dombauten errichtet wurden. Der frühromanische Dom, der wohl bald nach 1000 begonnen wurde, übernahm die Grundmauern der ersten großen Basilika von etwa 400, führte aber ein frühes durchlaufendes Querhaus und eine Hallenkrypta ein, deren Fresken zu den bedeutendsten Beispielen der Malerei der Zeit gehören. Die Mittagspause in Grado ermöglicht einen Spaziergang am Meer, gefolgt von der Besichtigung von drei frühmittelalterlichen, in der Bauart aber im Grunde spätantiken Kirchenbauten, die von den Patriarchen von Aquileia in den unruhigen Zeiten der Völkerwanderung hier errichtet wurden. (Foto Aquileia Dom)

Am 6. Tag folgt ein Besuch in Udine, der Hauptstadt des Friaul. Neben dem Gang durch die ungewöhnlich hübsche Altstadt mit ihrer typischen Mischung aus venezianischen Einzelbauten und südalpinen, bunten Bürgerhäusern mit Arkadenstraßen steht hier das Werk von GianBattista Tiepolo im Mittelpunkt: dieser berühmte Maler wurde früh von der Familie Dolfin entdeckt und für die Ausmalung des erzbischöflichen Palais nach Udine geholt. So kann man hier nicht nur das Frühwerk betrachten, man sieht förmlich, wie der Künstler unter Führung des hochgebildeten Auftraggebers seinen Stil fand. Tiepolo kam später noch 3-mal nach Udine zurück, weshalb man hier seine ganze künstlerische Entwicklung verfolgen kann.

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